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{ARCHIMEDES L.K. Vierspezies Staffelwalzen-Rechenmaschine mit automatischer Division} In meiner kleinen Sammlung mechanischer Rechenmaschinen fehlte mir nur noch ein Exemplar einer Staffelwalzenmaschine - nach Zahnstange und Sprossenrad hätte ich dann alle wesentlichen Eingabeprinzipien beieinander. Zufällig stolperte ich über ein Angebot, zu dem ich nicht nein sagen konnte: eine Archimedes L.K. Rechenmaschine aus Glashütte - Baujahr ca. 1935!

Die Maschine im Film:

ARCHIMEDES LK

Das Besondere an dieser Maschine ist nicht nur das stattliche Alter von 85 Jahren, sondern die Fähigkeit, eine Division vollautomatisch durchzuführen!

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Der Zustand der Maschine war exzellent für das Alter - aber trotzdem gab es einiges zu tun, vor Allem im Bereich Elektrik!

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Aber Schritt für Schritt!

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Im Jahre 1930 war es üblich, solche Geräte mit stoffummantelten Leitungen zu kostruieren. Nach 85 Jahren ist der Stoff zwar noch vorhanden, die darunter liegende Isolierung ist allerdings in erbarmungswürdigem Zustand und krümelt so vor sich hin... Immerhin liegen an den Kabeln und Schaltern 230V Netzspannung an - Erdung ist irgendwie nicht vorgesehen, der Betrieb ist eigentlich nur noch mit einem Trenntrafo halbwegs sicher möglich!!!

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Die Aufhängung des Antriebsmotors soll so eigentlich nicht sein - die Kautschukbuchsen sind von zäh nach flüssig nach steinhart migriert. So müssen Fossilien entstehen.

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Die gute Nachricht: die Antriebsriemen sind keine Gummiriemen sondern Spiralfedern. Haltbarkeit: ewig!

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Die Elektrik ist lebensgefählich - ausgefranst, Isolierung fehlt, Kabel sind völlig brüchig. Das muss grundlegend neu!

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Der Unterbrecherschalter der Schlittenverstellung:

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Die Buchsen der Motoraufhängung sind sogar gewebeverstärkt... hat ihnen alles nichts genützt. Auf der Rückseite des Motors befindet sich ein dreifach-Entstörfilter. Ich wusste nicht, dass es das 1935 schon gab!

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Die Elektrik ist einfach: der Motor hängt einseitig am Netz, auf der anderen Seite trennen Unterbrecherkontakt und Sicherheitsschalter der Schlittenverstellung in Reihe den Stromkreis. Alles fliegt erst mal raus!

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Auch die Gehäusefüße haben ihre beste Zeit hinter sich! Aber das ist eine andere Geschichte!

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Das Entstörfilter ist stark beschädigt, was die Kabelage betrifft. Das Teil muss schon mal ersetzt worden sein, laut Stempel stammt es von 1949 und die Kabel sind mit Lüsternklemmen angetüddelt...

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Ich habe im Netz sogar den Katalog des Herstellers gefunden... Eine Nachbestellung erscheint mir allerdings aussichtslos.

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Der Antriebsmotor erscheint bis auf die verrotteten Anschlusskabel in gutem Zustand.

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Die Umschaltung für verschiedene Spannungsversorgungen erfolgt über eine drehbare Kontaktplatte:

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Um endlich mal ein Erfolgserlebnis zu haben, hab ich schon mal die Motorbefestigung gereinigt...

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Der Unterbrecherschalter hat Liebe nötig...

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Der Schlittenschalter sieht noch ganz gut aus...

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Der Motor ist recht sauber und läuft gut. Er ist 100% demontierbar, was die Mechanik betrifft, das würde man sich heute wünschen...

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Laufspuren aber kaum Bürstenfeuer... das bleibt so. Never change a running system!

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Selbst die Kohlen könnte man ohne Werkzeug wechseln:

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Ich möchte wissen, ob ich die Anschlusslitzen direkt im Motor anschließen kann... Dafür muss die Kontaktplatte komplett demontiert werden. Die Kontakte sind per Madenschrauben auf die Kabel geschraubt!

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Leider geht das nicht - die Kabel verschwinden im Motor. Also die harte Tour!

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Hier hilft der Seitenschneider...

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Sauber verzinnen...

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Die Anschlusshülsen sind gelötet:

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Ich habe einen deutschen Anbieter für stoffummantelte Einzellitzen gefunden... das war nicht einfach... Die Litzen passen perfekt, auch vom Durchmesser her!

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Für das Konfektionieren benötigt man ein scharfes Messer und ein Feuerzeug. Der Stoff wird angeschmolzen und somit verschweißt, dann rutscht nichts mehr. Zusätzlich kann man die Enden mit einem Stück Schrumpfschlauch stabilisieren.

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Schon ist der Motor wie neu!

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Nächste Baustelle: das Netzfilter. Die Isolierungen sind brüchig, die schwarzen Isolierungen sind schon völlig zerfallen. Hier verwende ich silikonisolierte Litzen.

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Das ist jetzt nicht so original, aber es isoliert sicher...

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Der Unterbrecherschalter erhält auch ein Stück silikonisolierte Litze und wird gründlich gereinigt:

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Die Litze wird direkt auf die Stahlelemente gelötet, endlich muss mein Lötkolben mal was leisten!

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Die neuen Kabel sind ja sowas von Retro... ;-)

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Fixiert werden die Kabel standesgemäß mit verknoteter Schnur... Ein Wermutstropfen am Rande: die Maschine lief ca eine halbe Stunde störungsfrei, dann plötzlich fing der Motor an, im Dauerlauf zu laufen... Da die Unterbrecherschalter offen waren, konnte dies nur eines bedeuten: der Entstörkondensator ist durchgeschlagen! Und ja, er war recht heiß. Da das Gerät auch ohne Entstörung läuft, habe ich den Kondensator erst einmal komplett von der Verkabelung wieder getrennt... Viel Aufwand für nix. Aber immerhil läuft und rechnet die Maschine wieder einwandfrei wie am ersten Tag!

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Der wunderschön verschnörkelte Herstellerschriftzug:

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Auch die Ziffern sind eine Schönheit!

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Maschinenimpressionen:

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Jetzt noch ein paar interessante Details, hier die Eingabemechanik:

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Eine Zahnstange bedient das Rädchen der Anzeige und verschiebt ein Mitnehmerzahnrad auf einer quadratischen Welle:

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Unbetätigt entspricht der Ziffer "0":

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Und bei Ziffer "9":

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Und hier noch das entscheidende Detail, welches dieser Rechenmaschine ihren Gattungsnamen "Staffelwalzenmaschine" gegeben hat:

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Je nach Lage des Mitnehmerzahnrades werden mehr oder weniger Zähne der Staffelwalze wirksam:

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Fazit: eine wunderschöne und trickreiche Maschine mit erstaunlichen Fähigkeiten. Diese werden demnächst noch in einem Film zu bewundern sein, da z.B. der Ablauf einer vollautomatischen Division nicht mit Fotos zu dokumentieren ist...


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